Piano music of Hans Huber (1852-1921), vol. 2
John Kersey, piano
RDR CD51
Total time: 60 mins 55 secs
Sechs kleine Konzertstücke, op 131
1. Präludium – Im breiten Lapidarstile (4’35”) 2. Gavotte (3’54”) 3. Wiegenlied (4’31”) 4. Arabeske (4’18”) 5. Intermezzo (3’39”) 6. Impromptu (Menuett) (4’39”)
Drei Stücke, op 48
7. Gavotte (4’25”) 8. Etude (Schneeflocken) (4’58”) 9. Valse-Caprice (7’05”)
10. Studien über ein Originalthema, op 7 (18’09”)
Thema – Ziemlich langsam; Mässig bewegt; Im Tempo des Themas. Sehr kräftig; Etwas düster gehalten; So rasch wie möglich; Sehr langsam; Im deutschen Walzertempo; Im Tempo vom Thema; Sehr schnell; Durchgehend sehr zart, aber nicht zu langsam; Finale – Sehr kräftig und schwungvoll – Ziemlich viel schneller – Tempo I.
We are grateful to Dr. Klaus Tischendorf for supplying copies of scores for use in this recording.
Notes on the music by Dr. Tischendorf
Der Schweizer Komponist Hans Huber wurde am 28. Juni 1852 in Eppenberg bei Aarau im Kanton Solothurn geboren. Der 10jährige kam als Schüler des Solothurner Choraulen- und Partisten-Instituts unter die Fittiche des Oltener Musikdirektors Carl Munzinger, und zeigte früh auch seine kompositorische Begabung. 1870 ging er ans Leipziger Konservatorium, wo vor allem Carl Reinecke und Ernst Ferdinand Wenzel seine nachhaltigen Lehrer waren. In einer autobiographischen Notiz erinnerte sich Huber an die Leipziger Jahre: Wir alle wurden in diesem Circulum Wien, Bayreuth, Weimar und Leipzig tüchtig herumgeworfen. Huber bezieht sich auf den zu jener Zeit voll entbrannten Parteienstreit zwischen der Neudeutschen Richtung (Liszt, Wagner) und den scheinbar konservativen Meistern um Brahms. Nach seinen Leipziger Studien lebte Huber für einige Zeit als Musiklehrer in Wesserling im Elsass, ehe er sich 1877 in Basel niederliess und hier seinen eigentlichen Wirkungskreis fand. Als Pianist, Dirigent und Pädagoge hatte er entscheidenden Einfluss auf das Musikleben der alten Universitätsstadt. Er etablierte sich auch bald als Komponist, der um 1900 unbestritten die führende Persönlichkeit des Schweizer Musiklebens war, und seine Heimat aus der durch den Chorgesang geprägten Enge herausführte. Er war ab 1889 Klavierlehrer an der Allgemeinen Musikschule in Basel, der er ab 1896 als Leiter vorstand. Huber war massgeblich an der Gründung des Basler Konservatoriums beteiligt, stand dem 1900 gegründeten Schweizerischen Tonkünstlerverein vor und war ein auch international angesehener Komponist. Von 1905 bis 1918 war er Direktor des Basler Konservatoriums, musste dann aber aus gesundheitlichen Gründen das Amt niederlegen. Seine schwere diabetische Erkrankung führte auch zu seinem Tod am 25. Dezember 1921 in Locarno, wo er, neben seiner angestammten Sommerfrische Vitznau am Luzernersee, seine letzten Lebensjahre verbrachte.
Sucht man heute nach den Spuren dieses bemerkenswerten Mannes, der in seinen Werken (u. a. 8 Symphonien, vier Opern, Messen und Oratorien, neben einer Vielzahl von Liedern, Klavierwerken und Kammermusik), als wesentliches Merkmal eine unerhörte, natürliche Frische und Kraft ausstrahlt, so wird man weder in Basel noch Eppenberg fündig. Das winzige, auf einem Hochplateau oberhalb Schönenwerd gelegene Dorf, hat seinen prominentesten Bürger offenkundig vergessen. Es gibt keine Gedenktafel, und bei der Gemeindeverwaltung weiss niemand zu sagen, wo das Geburtshaus von Hans Huber zu finden ist. Immerhin haben seine Werke auf CD eine gewisse Renaissance erlebt. Alle Symphonien und weitere Orchesterwerke sind greifbar, allerdings erstarren diese gelegentlich in spätromantischer Rhetorik. Seine wohl bedeutenderen und persönlicheren Werke der Kammer-, Vokal- und Klaviermusik, sind jedoch unterrepräsentiert. John Kersey bietet nun erstmals einen nur Hans Huber gewidmeten Querschnitt aus dessen Klavierwerken.
Noch persönlicher geprägt erscheinen vielleicht die 6 Kleinen Konzertstücke op.131, die 1911 bei Steingräber in Leipzig herauskamen. Sie sind durchweg jungen Damen der Basler Gesellschaft gewidmet, die möglicherweise seine Klavierschülerinnen waren. Diese müssen jedoch sehr avancierte Pianistinnen gewesen sein, denn die sehr effektvollen Werke verdienen alles andere, als den Titel Klein. Es handelt sich um persönliche, reife und anspruchsvolle Stücke, die einen Zyklus von mehr als 25 Minuten Dauer bilden.
Hans Hubers op.48, die schlicht benannten Drei Stücke für das Pianoforte componirt und Fräulein Anna Mehlig in grösster Verehrung zugeeignet von Hans Huber, wurde im Juli 1879 bei Lichtenbergs Verlag in Stuttgart gedruckt. Die Widmungsträgerin Anna Mehlig (1847-1928) war in jenen Tagen eine sehr bekannte Virtuosin, die auch bei Liszt Unterricht genossen hatte. In ihrem weitgespannten Repertoire finden sich, neben dem Standardrepertoire, auch Konzerte von Hiller und Henselt. Hans Huber widmete ihr drei hochvirtuose Studien, die seinem Erfindungsreichtum und brillantem Klaviersatz, nochmals ein glänzendes Zeugnis ausstellen.
Die Studien über ein Originalthema op.7 kamen im Januar 1875 bei Breitkopf & Härtel in Leipzig heraus. Sie bedienen sich eines Motivs aus op.2, betitelt Spielereien. Das schlichte Thema wird in teilweise virtuosen, vor allem weitgriffigen Variationen abgehandelt, die bereits die meisterhafte Faktur des jungen Hans Huber zeigen. Wenn auch der Schumann der Symphonischen Etüden gelegentlich im Hintergrund sichtbar wird, so drängt hier bereits die persönliche Kraft Hubers in den Vordergrund. Wir entdecken einen ganz zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Variationszyklus im Umkreis des mittleren Brahms.


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